Under der lindenan der heide,dâ unser zweier bette was,dâ muget ir vindenschône beidegebrochen bluomen unde gras.Vor dem walde in einem tal,tandaradei,schône sanc diu nahtegal.[Walther von der Vogelweide]
Der Student Musashi kehrt für den Sommer in das Dorf seiner Kindheit zurück. Dort laufen ihm sukzessive vier Mädchen übern Weg, jedoch ist seine Erinnerung an sie entschwunden, und es sieht so aus, als hätten hier höhere Mächte die Hände im Spiel.
Andererseits erinnern sich die Mädchen sehr wohl an ihn wie auch an das einstmals gegebene Versprechen eines Bundes. Und in dieser Situation geschieht das, was immer in Animes geschieht: der herzlose, leichtfertige, betrügerische Mistkerl wird von ihnen vermöbelt. Von den meisten jedenfalls. Und dann passiert das, was in Animes ebenfalls immer passiert, ganz speziell aber in Hentais: man entschuldigt sich (gern gegenseitig), zeigt Verständnis, kommt sich näher und landet zusammen im Bett. Oder auch im Gras, weil: im Anime gibt's keine Grasflecken.
Der Grund, dass Musashi Haue kriegt, liegt primär im Genre begründet: Comedy. Und zwar die Sorte Comedy, die beispielsweise auch
Love Hina (aus dem gleichen Jahr) und
Saber Marionette geprägt hat. Von letzterer scheinen auch Mimik und Gesichtsproportionen geerbt.
Den Einstieg in die OVA gibt aber ein anderes Bild: Ein klappriger Uralt-Bus hält an einer verlotterten Haltestelle, die zu einem Dorf gehört, in dem sich seit Ewigkeiten kaum etwas geändert zu haben scheint. Das erinnert einerseits an
Hinamizawa, vielleicht sogar an
Totoro, jedenfalls vermittelt der Anime den Eindruck von
Iyashikei im
Mushishi-Stil, wie der schweifende Blick über weitläufige bewaldete Berglandschaften nahelegt.
Tiefe Ruhe und stille Abgeschiedenheit strahlen auch der Schrein sowie die anderen von morbidem Charme geprägten Locations aus, an denen Musashi vorbeikommt und bei denen es nach und nach zu den oben erwähnten holprigen Begegnungen mit den Mädchen kommt.
Und die er ebenfalls nach und nach
erkennen* darf. Dabei schmeißen sich die Mädchen aus den unterschiedlichsten Gründen auf ihn, sei es als vorgeschobener "heiliger" Akt, sei es notdürftig verschleierte Geilheit oder sei es schiere Neugierde, wie es um den Heimgekehrten so steht.
(pun intended)*
(Quelle: Duden, Bedeutung Nr. 3)So haben wir jetzt einiges beisammen: Slice of Life, stille Abgeschiedenheit (Iyashikei), Erotik (Sex) - fehlt nur noch
Fantasy. Und dafür ist die 2. OVA zuständig.
Dräuend dunkle Wolken verdüstern die Szene - nicht in erster Linie, weil Regen ansteht, sondern weil die Dramaturgie das so braucht. Als Chiffre, um den Zorn der Götter zu verkündigen. So jedenfalls steht's im Handbuch
"Filmdramaturgie für Dummies. Teil 2: Fantasy".
Was da genau abgeht, möchte ich jetzt nicht spoilern, nur soviel: unsere Kindheitsfreundinnen sind nicht nur menschlich. Die Wandlung vollzieht auch auch optisch, so dass sie nun plötzlich als Wesen in knallbunten, Power-Ranger-gleichen Akzentfarben erscheinen. Und nicht nur zu Musashis Erstaunen, sondern auch zu dem des Zuschauers bleibt die farbliche Veränderung nicht nur auf die Kopfhaare beschränkt. Sicher, bunte Haartracht ist in Anime wahrhaftig nichts Neues; aber dass da plötzlich ein Mädchen mit lila Schamhaaren einem gegenübersteht, ist eigentümlich und ungewohnt. Warum man das an dieser Stelle überhaupt bemerkt? Ganz einfach: um die Welt
(und in erster Linie sich selbst) zu retten, muss unser Held mit einer von ihnen vögeln. Das hier ist ja schließlich immer noch Hentai, hallo!
Spoiler zum Finale
Schlussendlich kommt es zu einer überaus dramatischen Abstimmung unter allen Beteiligten, ob er bleiben darf oder nicht. Und das ist vielleicht das Überraschendste an der Geschichte: es hängt von der Stimme des letzten Mädchens ab, und die trifft eine Entscheidung, die von einer Selbstlosigkeit und einem reifen, erwachsenen Urteilsvermögen zeugt, mit dem man nicht rechnen konnte.
Ein gelungenes Ende eines etwas anderen Hentais.Soviel zu den Äußerlichkeiten, jetzt noch ein Blick auf die inneren Werte:
Wie oben erwähnt, wurde um die genretypischen Hentai-Inhalte außergewöhnlich viel Story, Charakter und Atmosphäre gewickelt. So dass man statt von einem Hentai fast eher von einem stimmungsvollen Slice-of-Life-Anime mit Hintergrund-Fantasy reden kann, in den unversehens Nacktheiten geraten sind.
Technisch gesehen ist das Werk durchaus auf der Höhe der Zeit, und auch die durchweg glaubhaften Charaktere mögen überzeugen. Um den Anime aber in die höheren Wertungsregionen zu katapultieren, fehlt ihm eins: Zeit. Und ein wenig Geduld. Freilich sind die Hintergründe entspannend schön, entfaltet sich ein friedliches Dorfleben in zeitlosen Fernen. Und doch sind, um die rechte Wirkung zu erzielen, die Szenen oft zu kurz, zu rasch geschnitten, nicht zu Ende formuliert. Und gerade bei den Wechseln von Alltagsleben und Comedy wirkt die ganze Chose etwas forciert und unrund.
Diese Genremischung erinnert in dieser Hinsicht (vor allem Charakterzüge und -design betreffend) ein klein wenig an
Fuse, das über ein Jahrzehnt später entstanden ist.
Dass in puncto Animationsqualität keine normale Serie vorliegt, sondern ein Produkt für
special interest mit eher eingeschränktem Budget, merkt man an etlichen Stellen, gerade bei Bewegung und Bildkomposition. So sind die Bilder denn oft recht flächig geraten, was in Momenten, wo
Tiefenwirkung gefordert ist, zu unschönen Kombinationen führt. Speziell bei dem Dämonenhansel, der allein dadurch als in der Luft schwebend charakterisiert wird, dass er immer leicht auf und ab schwebt. Sträflich verallgemeinernd gesagt: Anime, die zu solchen Tricks greifen müssen, sollte man eigentlich meiden.
In den expliziten Szenen allerdings macht er mehr richtig, als man erwarten durfte. Nicht nur dass körperlich delikate Stellen in erstaunlicher Ausführlichkeit gezeigt werden; dem Anime gelingt es, dies ohne den Anschein von bloßem Voyeurismus zu zeigen. Und auch in der Ausübung des Geschlechtaktes kommen nicht ausschließlich die bekannten Animations-Schleifen zum Zuge, sondern man gibt sich Mühe, sowas wie sich natürlich ergebende Bewegungsabläufe zu vermitteln.
Anderweitig (z.B. auf anidb) wird die Meinung vertreten, dass hier beim Liebesspiel sich Ausdruck tiefer Zuneigung widerspiegele oder der Protagonist besonders zartfühlend mit seiner Herzdame zugange sei - nun, das sollte nach meinem Dafürhalten dann doch noch eine Ecke romantischer ablaufen. Aber stimmt schon: es ist wahrhaftig nicht der übliche Industriefick von der Stange, möglichst hart und gefühllos (vulgo:
männlich at its best), sondern atmosphärisch befriedigend und mit etwas, was man mit ein wenig gutem Willen "Anspruch" nennen könnte.
Fazit:Ein ästhetisch ansprechender Hentai, wie man ihn nicht alle Tage hat. Wäre die Hintergrundstory nicht gar so platt und die Ausarbeitung der Szenen sorgfältiger, hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken zur Höchstnote gegriffen.