„Sänger werden“
„Leckere Tinge [sic] essen“
„Reich werden“
„Eine treue Ehefrau haben“
„Offizier werden“
„Weltbester Boxer werden“
„Mögen sich die Wünsche der anderen erfüllen“
Wir schreiben das Jahr 1955. Schauplatz ist das vom 2. Weltkrieg gebeutelte Japan. Genauer gesagt ein Erziehungsheim für jugendliche Straftäter. Und um noch genauer zu sein: Gebäude 2/Zelle 6. Dort beginnt für sieben Insassen eine Geschichte, die es schafft, gleichzeitig negative als auch positive Emotionen und Ereignisse gekonnt in Szene zu setzen.
Der Anime spielt aber nicht nur im Erziehungsheim, was ihm die nötige Abwechslung gibt. Die erste Hälfte spielt sich innerhalb der Gefängnis-artigen Einrichtung ab, die zweite Hälfte außerhalb. Vor allem über vielen Szenen in der ersten Hälfte hängt oft ein Schleier der Tristesse. Dieser wird jedoch von einem Licht - in Form von Sakuragi Rokurouta - durchbrochen. Er ist der strahlende Held der Geschichte und gibt seinen Zellengenossen und auch dem Zuschauer durch sein starkes, selbstsicheres, aber dennoch freundliches und selbstloses Auftreten, und dem Band der Freundschaft, das er mit dem Rest der Truppe knüpft, immer das Gefühl, dass nicht alle Hoffnung verloren ist. Sein Verhalten hat auch den Rest der Gruppe beeinflusst, wodurch eine Geschichte entstanden ist, die zwischen Trostlosigkeit, Gewalt und Verbrechen auf der einen Seite und Hoffnung, Mut und Freundschaft auf der anderen Seite liegt.
Die Hauptcharaktere werden allesamt am Anfang der ersten Folge inklusive Auflistung ihrer Straftaten vorgestellt. Ja, sie haben alle Verbrechen begangen, aber da ihre Vergehen keine Schwerverbrechen und viele davon im Affekt oder aus guten Gründen passiert sind, hegt man keinen Groll gegen sie. Vielmehr sind sie Opfer ihrer Lebensumstände geworden, die sie zu solchen Taten getrieben haben. Strafe haben sie zwar verdient, aber die Sympathien sind klar auf deren Seite. Ein einfaches Leben hatte keiner von ihnen.
Zum einen gibt es den quirligen Maeda Noboru, der „Schildkröte“ genannt wird und zusammen mit seiner Schwester häusliche Gewalt erfahren musste und bei einem Bombenangriff seine ganze Familie verloren hat. Inhaftiert wurde er wegen Diebstahl, Betrug und Zechprellerei. Zum anderen wäre da der gutaussehende Yokosuka Jou, der sexuell missbraucht wurde. Gewalttätigkeit und unsittliche Beziehungen stehen in seinem Lebenslauf. Die Verletzungen fügte er aber jemandem zu, der ihn vergewaltigen wollte. Der besonnene und freundliche, aber naive „Kohlkopf“ Matsuura Mansaku verletzte jemanden in betrunkenem Zustand. Dann wäre da noch der schlaue Nomoto Ryuuji aka „Ungedeckt“, der mit ansehen musste, wie seine Mutter sich der Prostitution hergab, um an Essen zu gelangen. Er muss sich für Betrug, gewaltsame Aneignung und Diebstahl verantworten. Der starke und unerschütterliche Tōyama Tadayoshi, passenderweise „Soldat“ genannt, sitzt wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung des Liebhabers seiner Mutter. Der bereits erwähnte Sakuragi Rokurouta, der Anführer der Gruppe und liebevoll „Bro“ genannt,
verlor seinen Vater, als dieser Selbstmord beging, nachdem er von Rokuroutas Worten - die jedoch der Wahrheit entsprachen - verletzt worden war.
Der im späteren Verlauf zum Hauptcharakter avancierte Minakami Mario hat einen Lehrer verprügelt, der eine Mitschülerin vergewaltigt hat.
Die Antipathien empfindet man eindeutig gegenüber gewissen Angestellten des Gefängnisses, all jenen Leuten, die die Insassen von Gebäude 2/Zelle 6 negativ geprägt haben, und ein paar Personen, auf die die Gruppe nach deren Freilassung trifft. Ein Beispiel wäre die Direktorin des Waisenhauses, in dem Yokosuka Jou und seine Schwester Yokosuka Meg untergebracht wurden.
Diese hat Jou sexuell missbraucht und Meg an einen Widerling verkauft (das Wort „adoptiert“ will ich in diesem Fall nicht benutzen), der vermutlich dieselben Absichten mit Meg hatte wie die Direktorin mit Jou.
Ishihara gehört zum Wachpersonal und ist einer der größten Antagonisten der Serie. Er nimmt jede Möglichkeit wahr, um die Insassen zu verprügeln. Vor allem gegen Rokurouta empfindet er tiefen Hass. Er versucht zuerst, einen Keil zwischen ihm und seinen neuen Zellengenossen zu treiben. Später merkt er, dass Rokurouta seine Freunde wichtiger sind als er selbst, weshalb er es auf diese abgesehen hat, um Rokurouta zu provozieren.
Ein weiterer Antagonist ist Dr. Sasaki Gisuke. Gleich zu Beginn erniedrigt er die Neuankömmlinge bei der Einlieferung. Im weiteren Verlauf stellt sich heraus, dass er
die Gefangenen benutzt, um seine sexuellen Gelüste zu befriedigen.
Aber im Erziehungsheim befinden sich nicht nur Ekelpakete. Kumagi, ein weiterer Wächter, und Koike Setsuko, eine Krankenschwester, können dem Treiben der beiden Antagonisten nicht weiter tatenlos zusehen und greifen aktiv ein. Wenn die Hauptcharaktere wieder am Leben außerhalb des Heims teilnehmen, tauchen auch immer wieder Personen auf, die sie unterstützen.
Die zweite Hälfte beschäftigt sich mit dem Leben der Hauptcharaktere nach der Freilassung aus dem Erziehungsheim. Die Stimmung ist weitaus positiver. Man sieht, wie die Ex-Inhaftierten versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen. Dennoch werden sie entweder von ihrer Vergangenheit eingeholt, was sie daran hindert, ihre Träume zu verwirklichen, oder es werden ihnen neue Ungerechtigkeiten in den Weg gestellt. Die Charaktere sind einem bis zu diesem Zeitpunkt schon so ans Herz gewachsen, dass man nicht mit ansehen kann, wie ihnen noch mehr Leid zugefügt wird. Immerhin haben sie schon genug durchgemacht. Umso schöner ist es, wenn sie es schaffen, sich aus dem Schlamassel zu befreien. Nach den Ereignissen im Heim sind sie stärker denn je und verlieren nie die Hoffnung. Zusätzlich ist das Band der Freundschaft inzwischen so stark, dass sie wissen, immer auf die Unterstützung der anderen bauen zu können, auch wenn sie ihre Freunde des Öfteren nicht an ihrer Misere teilhaben lassen möchten, sondern lieber alles selbst ins Reine bringen wollen. Jeder Charakter hat in der zweiten Hälfte eine Art Mini-Arc. Leider kommt als Einziger der Soldat Tōyama Tadayoshi zu kurz. Er hatte generell die am wenigsten emotionalen Momente in der ganzen Serie. Auch erfährt man über ihn am wenigsten, was seine Hintergrundgeschichte betrifft. Es wäre schon interessant gewesen, zu sehen, wie so eine starke, unbeirrte Person mit größeren Problemen klarkommen würde. Der liebevolle Kohlkopf Matsuura Mansaku stand zwar auch eher selten im Rampenlicht, hat aber zumindest seine eigene Kurzgeschichte.
Erwähnenswert wäre noch der Animationsstil. Besondere Szenen werden als Standbilder mit einem bestimmten Effekt hervorgehoben.
Für die Musikuntermalung wurden Stücke ausgesucht, die in die Zeit, in der der Anime spielt, passen. Von Rock 'n' Roll bis Jazz ist alles vorhanden. Für das Opening und Ending hat man sich für neumodischere Musik entschieden. Das Opening übernehmen coldrain, die auch schon Hajime no Ippo aufgepeppt haben. Das Ending wird von Galneryus gespielt, die u.a. für ein Ending bei Hunter x Hunter (2011) zuständig waren. Sehr empfehlenswert für Fans von Neo-classical Metal.
Obwohl es sich hierbei um einen ernsten Anime handelt, in dem körperliche und sexuelle Gewalt, viele Ungerechtigkeiten und schwere Schicksalsschläge stattfinden, hat man nie das Gefühl, dass diese nur dazu da sind, um zu schocken. Alles hat seinen Sinn und Zweck und es wird nie übertrieben. Die Geschichte könnte sich sogar gut im wahren Leben abspielen. Vor allem wird hier Freundschaft großgeschrieben, wodurch der Anime nicht nur Fans härterer Serien anspricht, sondern auch das Herz von Fans aller möglichen Genres.