Anspruch: | 9 |
Action: | 4 |
Humor: | 4 |
Spannung: | 4 |
Erotik: | 1 |
Das klassische Yu-Gi-Oh! ist ein Relikt. Während heute die ganze Welt im Angesicht von Dunklen Synchromonstern und Konsorten den Atem anhält, so gibt es doch auch noch einige Überbleibsel wie "Yu-Gi-Oh! - Die Pyramide des Lichts". Doch wie macht sich eine TCG-Filmumsetzung vom alten Schlag, prüft man sie auf "Herz der Karten" und Nieren?
Eines vorab: 11 Jahre sind eine lange Zeit, die ich schon mit Yu-Gi-Oh! zubringe, und wenn ich mich auch schon eine ganze Weile nicht mehr intensiv damit befasst habe, die Basics habe ich immer noch drauf. Entsprechend gnadenlos wird diese Betrachtung ausfallen müssen, zumal dieser Film sich an ein sehr spezielles Publikum richtet und nicht von jedermann verstanden werden kann.
Storytechnisch gelingt dem Film alles andere als eine Glanzleistung. Ein böser Herrscher wurde vor 5000 Jahren während der Erschaffung der Millenniumsgegenstände vom Pharao versiegelt und kehrte mit der Zusammensetzung von Yugis Puzzels wieder in die Welt zurück. Nach dem großen Battle-City-Turnier sinnt Seto Kaiba mal wieder auf eine Revance, doch der böse Herrscher kommt dem Duell in die Quere und will die Welt vernichten.
Wooo-hoooo, das könnte das Script zu jeder x-beliebigen YGO-Staffel gewesen sein. Erschreckender als das abgelutschte Schema "fieser Kerl aus der Vergangenheit des Pharao macht auf dicke Hose" ist die Widersprüchlichkeit, die sich durch diesen Film ins YGO-Universum einschleicht. Wer YGO Classic bis zur allerletzten Folge gesehen hat, der dürfte wissen, dass vor 5000 Jahren im alten Ägypten zwar ordentlich was los war, aber weder hat ein Anubis eine Rolle gespielt noch so etwas wie die Versiegelung böser Kräfte bei der Erschaffung der Millenniumsgegenstände stattgefunden (sondern das genaue Gegenteil). Das nur am Rande für die Story-Hardliner.
Animationstechnisch sieht es da schon etwas besser aus. Die Hintergründe falles etwas schlicht aus, da es ja immerhin auch um Duelle und nicht um Panoramablicke geht, tragen aber durchaus ihren Teil zum Ambiente bei. Die Charaktere wirken deutlich übersteckt und zu schmal, während sie in der ursprünglichen Serie eher natürliche Proportionen hatten. Qualitativ lassen die Filmanimationen zwar die frühen Staffel von YGO hinter sich zurück, werden aber in den späteren Staffeln schon wieder erreicht. Die Special Effects, wenn man so will, sind nicht großartig, aber im Großen und Ganzen kein Grund wegzuschauen.
Um auch die TCG-Fans nicht zu enttäuschen etwas zur Einhaltung des Regelwerks. Anscheinend wurde ein Großteill der Regeln durch folgende ersetzt:
1a) Wenn du nur laut genug herumbrüllst wird genau der Spielzug stattfinden, den du dadurch ankündigst. Es ist nicht notwendig, dazu die entsprechenden Karten zu besitzen oder überhaupt am Zug zu sein. Achte darauf, möglichst jeden Ausruf mit überdramatisiertem Gefuchtel zu unterstreichen. Es erhöht deine Erfolgschancen.
Und das meine ich ernst. Was da zusammenduelliert wird ist, formal gesehen, das sofortige Aus bei jedem Turnier. Falsche Karten, falsche Effekte, falsche Reihenfolgen und das grundsätzliche Ignorieren jedweder Form von sprachlicher Etikette sind echt übel. Wenn so ein böser, düster glühender Gegner seine Macht zum Verbiegen der Regel einsetzt, bitteschön. Aber selbst die Duelle zwischen den "Normalsterblichen" grenzen in ihrer Fehlerlastigkeit fast an die "Königreich der Duellanten"-Staffel, in der es scheinbar noch kein Regelwerk für YGO gab.
Sprachlich gesehen ist der Film eine zwiespältige Angelegenheit. Das permanente und penetrante Geblöke von Freundschaft hier und "Herz der Karten" da ist für einen fanatisierten Zwölfjährigen, wie ich auch mal einer war, sicher total knorke. Ist ja auch ein Kinderfilm, zweifellos. Konrad Bösherz und Sebastian Schulz müssen das Geld echt dringend gebraucht haben, denn Yugi und der Pharao sind wie immer ein wahres Feuerwerk von peinlichen Freundschaftsbekundungen und sonstigem Verbaldurchfall. Dann gibt es da wieder die coolen oder sarkastischen Sprüche von Joey und Kaiba, die einen fast schon zum Schmunzeln verleiten können. Zumindest wurde auf die Sprachzensur weniger geachet. Statt ins Schattenreich zu gehen, sterben die Leute wie in der Originalfassung. Löblich, aber keine Heldentat. Ein sehr zwiespältiger Punkt, wie gesagt.
Fazit: Dass "Yu-Gi-Oh! - Die Pyramide des Lichts" höchstens seinerzeit für fanatisierte Kinderhorden das Non-Plus-Ultra gewesen ist und tausenden Eltern die Runzeln auf die Stirn getrieben hat halte ich für sicher. Heutzutage dürften oberpeinliche Dialoge und massive Fehler in Logik und Regelwerk selbst die harten Fans vergraulen. Wer kein unstillbares Verlangen hat, noch einmal einen Semi-Höhepunkt des klassischen Yu-Gi-Oh! zu erleben, der kann getrost die Finger von diesem "Werk" lassen und sich lieber mit Yu-Gi-Oh! GX oder 5D's beschäftigen. Oder gleich die echten Karten in die Hand nehmen, dann dauern die Spielzüge nur 12,5% der Zeit, die sie im Film brauchen.
"Yu-Gi-Oh! - Die Pyramide des Lichts" versinkt im Dunkeln mit 4,5 von 10 nicht nachvollziehbaren Spielzügen.