Kaoru NISHIMI

Eine neue Schule, eine neue Umgebung, neue Leute: Stellt das für viele eine fremdartige Erfahrung dar, so lässt sich dies als gewohnte Lebensgrundlage von Kaoru bezeichnen, der seit er ein Kind ist von einer Stadt in die nächste wandert, wo er sich eben mit neuen Gegebenheiten anfreunden muss. Inzwischen hat er sich auf diese Umstellungen in der Form angepasst, dass er zu einem introvertierten Menschen wurde, der nicht zwingend nach sozialen Kontakten sucht. Viel eher wird er von der Klassengemeinschaft schnell als reicher Schnösel wahrgenommen, der vor allem durch seine sehr guten Noten als Streber abgestempelt wird. Es kommt ihm nur gelegen, denn wenn andere keine wirkliche Konversation mit ihm führen, kann er sich in seiner eigenen Welt verlieren. Strahlt er eine gewisse Lockerheit aus, so täuscht man sich in diesem Fall jedoch, denn mit überraschenden und spontanen Situationen weiß er nicht so recht umzugehen, wird dann schneller nervös und muss sich an seinen Zufluchtsort zurückziehen. Im Laufe der Zeit hat er entdeckt, dass er durch das Betreten des Schuldaches wieder zur Ruhe finden kann, weswegen dieser Ort für ihn eine sehr besondere Stellung einnimmt.

Alles soll sich aber verändern, nachdem er Sentarou begegnet; von vielen als ein rauer Schläger abgestempelt, mit dem man am besten nichts zu tun haben sollte. Problematischerweise begegnet Kaoru aber eben diesem Jungen auf dem Weg zum Schuldach, der dann sofort Interesse an Kaoru zeigt und sich anschließend direkt hinter ihn setzt. Was anfangs wie der erste Schritt in ein ernstes Mobbing zu sein scheint, führt letztendlich zu einer sehr starken Freundschaft, die keiner in dieser Form erwarten konnte. Teilen die beiden doch eigentlich keine Gemeinsamkeiten. Kaoru ist eher der belesene und distanzierte Typ, während Sentarou einen sehr direkten Charakter hat und sich absolut nicht für die Schule interessiert. Verbunden werden die beiden jedoch durch den Jazz; zwar spielte Kaoru bisher nur klassische Musik, lässt sich aber schnell von dieser Musik einnehmen. Sentarou eröffnet ihm neue Wege; fühlte er sich anfangs in zu großen Menschenmengen unwohl und konnte er zunächst nicht mit unerwarteten Situationen umgehen, färbt durch den näheren Kontakt zu Sentarou ein wenig mehr Offenheit auf ihn ab. Eine gewisse Distanz wahrt er zwar noch immer, doch muss er aufgrund eines spontanen Anfalls nicht sofort aufs Dach flüchten, denn diese Art der Anfälle treten bei ihm nicht mehr auf.

Kaoru als distanzierten Menschen zu bezeichnen, ist ihm gegenüber jedoch nicht wirklich fair. Die Menschennähe sucht er zwar, doch hat er im Laufe der Jahre eine gewisse innere Blockade aufgebaut, die ihn daran hindert, anderen Menschen mehr Nähe zu zeigen. Das Problem fing bei ihm schon in der Familie an; von der Mutter alleine gelassen und weil der Vater ständig auf der Arbeit war, erfuhr er nie die Nähe, die er brauchte. Freunde fand er zwar, doch weil er ständig umziehen musste, erkannte er die Vergänglichkeit einer solchen Bindung, als die »Freunde« ihre gegebenen Versprechen nicht einhalten wollten. Viele versprachen ihm, dass sie ihm auch nach dieser Trennung Briefe schreiben würden, doch der ewige Marsch zum Briefkasten mit der ernüchternden Erkenntnis, vermutlich vergessen worden zu sein, erhärtete sein Herz. Nähe zu einem Menschen aufzubauen, fällt ihm daher nicht so einfach, da er eine gewisse Angst davor hat, mehr Vertrauen in einen Menschen zu stecken. Er kann es jedoch nicht verhindern. Die Nähe zu Sentarou aber auch zu Ritsuko lassen ihn aufhellen.

Man sieht es ihm nicht an, doch auch er hat eine impulsive Seite. Er verfügt über eine recht gute Menschenkenntnis, kann daher ungefähr erahnen, was der Mensch ihm gegenüber momentan fühlt. Besonders in einer Situation, wo ihm Menschen nun etwas bedeuten, wagt er es, ausfallender zu werden und Dinge anzusprechen, die andere nicht auszusprechen vermögen. Aber weil Menschen ihm nun etwas bedeuten, ist er auch empfindlicher, die Angst, diese zu verlieren, sorgt dafür, dass er impulsiv wird. In seiner Offenheit wirft er dann wiederum auch ab und an verletzende Worte in den Raum, die ihm im Nachhinein zwar Leid tun, aber durch seine Sturheit schafft er es oftmals nicht, das offene Gespräch zu suchen. Doch dies braucht er auch gar nicht, zumindest nicht, wenn es um Sentarou geht, denn die Freundschaft zwischen ihm und Sentarou baut zu sehr auf das Verstehen des anderen auf, als dass es großartige Worte zwischen den beiden bedarf. Eine gemeinsame Jamsession, bei dem man das Herz entleeren kann, ist daher in der Regel ausreichend. Für seine Freunde ist er, wenn sie Probleme haben, aber immer da.

Quelle: www.anisearch.de/character/32028