Koreas Antwort auf eine der erfolgreichsten Crime-Series aus den USA - doch aus irgendeinem Grund zündet sie nicht. Ist es die Vorlage selbst, der ständige Vergleich oder ist die Serie einfach schlecht?
Zur Handlung
Criminal Minds ist eine klassische Crime-Series, die sich sehr stark am amerikanischen Original orientiert, seien es einige Fälle, Charaktereigenschaften oder Motivationen. Criminal Minds Korea sucht sich dabei die bekannteren und in der Regel storytechnisch stärkeren Fälle aus und verpackt sie in ein asiatisches Setting. In der Regel funktioniert das dann auch sehr gut. Ergänzt wird die Serie auch durch einige Original Cases, die ich für sehr gelungen und spannend halte und die mir persönlich positiver auffielen als die Remake Cases.
Wie für das originale Criminal Minds typisch wird man mit der Psyche der Kriminellen mehr als ausführlich konfrontiert. Die Motivationen sind spannend und v.a. nachvollziehbar und geben einen herrlichen Einblick in die Abgründe der menschlichen Psyche. Für eine koreanische Crime-Series zeigt sich Criminal Minds aufgrund der starken Fokusierung auf die Täter als ungewöhnlich blutig und aggressiv, ganz wie das amerikanische Original.
Das amerikanische Original
Criminal Minds handelt vom BAU, einer Spezialeinheit des FBI, das sich auf Profiling und das Anfertigen von Täterprofilen spezialisiert hat. Besonderheiten der Serie im Vergleich zu anderen amerikanischen Produktionen sind v.a. die starke Täterfokusierung (auch während der Folge!), das Profiling als solches und ein hohes Maß an Brutalität und Psychodrama, da meist die Hälfte der Handlung dem Täter und seinen Taten folgt, die auch entsprechend ausführlich gezeigt werden. Ebenso nimmt die Befragung von Tätern und Zeugen einen gewaltigen Zeitraum ein.
Die Handlung ist in der Regel streng episodisch mit einzelnen Folgen, die über mehrere Staffeln hinweg zusammenhängen und beispielsweise einen Serientäter oder persönliche Motivationen der Hauptcharaktere beschreiben.
Die Handlung ist in der Regel streng episodisch mit einzelnen Folgen, die über mehrere Staffeln hinweg zusammenhängen und beispielsweise einen Serientäter oder persönliche Motivationen der Hauptcharaktere beschreiben.
Ebenso interessant, wenn man es denn so nennen möchte, ist die Tatsache, dass die Fälle nicht über die 60 Minuten verlaufen, sondern in der Regel von einer Hälfte der Folge bis zur nächsten Hälfte. So ist meist bei Halbzeit oder Dreiviertelstand der Folge der Fall gelöst und der nächste Fall beginnt (z.B. 40 Minuten Fallabschluss, 20 Minuten neuer Fall). Dadurch ergeben sich zwar tolle Cliffhanger, den Höhepunkt jedoch immer am Anfang und Ende der Folge zu setzen und damit den Mittelteil etwas durchhängen zu lassen, ermüdet leider schnell und macht das Anschauen stellenweise etwas zäh und anstrengend. So klingt die Storyaufteilung vielleicht auf dem Papier innovativ und ausgeklügelt, kann aber insgesamt nicht wirklich überzeugen, weil man als Zuschauer mit dem Abschluss des aktuellen Falls einen physischen Cut braucht, um sich auf die neue Idee einlassen zu können. So gehen die Fälle teils fließend ineinander über, in denen auch schon Ermittlungsarbeit gezeigt wird, sodass man sich nur schwer mit Figuren identifizieren kann.
Schlagwort Ermittlungsarbeit: hier liegt für mich leider die Schwachstelle der Serie - obwohl es doch eigentlich das Aushängeschild sein sollte! Das Profiling selbst nimmt meist nur einen eher kleinen Teil ein, was mich persönlich nicht stört, was aber stellenweise so plötzlich mit Fakten daher kommt, die man als Zuschauer vorher nicht kannte oder die in einen Zusammenhang gebracht werden, auf den kein normaler Mensch kommt. In anderen Fällen ist das Profiling schlicht so offensichtlich, dass man sich fragt, warum man überhaupt die Hilfe von Profilern braucht, hätten es doch die Polizisten sicher auch ohne deren Hilfe herausgefunden.
Außerdem fokusiert die Handlung stark auf das Verhören von Zeugen, Tätern und Opfern. Wem das nicht liegt, der wird sich schnell in langatmigen und v.a. trockenen Unterhaltungen wiederfinden, die ich persönlich das eine oder andere Mal übersprungen habe.
Zu den Charakteren
Wie schon einige Storyelemente leiht sich Criminal Minds Korea auch die Figuren der Originalserie aus und verpackt sie in koreanische Gegenparts. Bei einigen ist schnell offensichtlich, welcher Charakter welche Vorlage hat, wie bei Kang Ki-Hyung (Aaron Hotchner), Lee Han (Spencer Reid), Yoo Min-Young (JJ) und NaNa (Penelope Garcia).
Ha Sun-Woo fällt da als Charakter leider raus, weil sie sie zum einen das extrem nüchterne von Aaron Hotchner hat, gleichzeitig aber auch die weibliche Komponente ins Ermittlerteam als Emily Prentiss oder Alex Blake bringen könnte.
Kim Hyun-Joon bekommt als ehemaliger Polizist, der in den ersten Folgen per Zufall ins FBI rutscht, eine sehr angenehme Sonderrolle und macht ihn somit als einzigen wirklich sympathisch. Seine Motivationen sind nachvollziehbar, man entwickelt Empathie und er ist für die Einführung der Handlung wirklich perfekt geeignet, da auch er sich zu allererst mit den neuen Figuren und der neuen Arbeitsweise zurecht finden muss. Im Laufe der Handlung könnte man seine Rolle entweder als einen draufgängerischen Derek Morgan oder als einen jungen Jason Gideon bezeichnen, aber auch hier bleibt die Zuordnung schwierig. David Rossi suche ich somit als Charakter leider vergeblich...?!
Insgesamt gesehen sind die einzelnen Figuren nicht schlecht, auch die schauspielerischen Leistungen sind gut. Besonders positiv fällt hier Lee Joon-Gi als Kim Hyun-Joon auf - doch jeder KDrama-Zuschauer, der ihn schon in anderen Rollen bewundern konnte, weiß, dass Lee Joon-Gi in jeder Rolle abliefert. Auch Moon Chae-Won, die ich persönlich aufgrund ihrer holzigen und plakativen Art nicht sonderlich gerne mag, funktioniert gut in ihrer Rolle als Ha Sun-Woo, da sie charakterlich starr und nüchtern ist, was Moon Chae-Won meiner Meinung nach sehr in die Karten spielt. Dennoch funktionieren nur Hyun-Joon bzw. später noch Sun-Woo als Charaktere in ihrer ganzen Fülle. Der Rest kann auf die Länge nicht wirklich überzeugen und werden deshalb wahrscheinlich eher als "der schlechte Abklatsch von..." im Gedächtnis bleiben, aber dazu später mehr.
Hervorzuheben sind jedoch, wie schon beim Original, die extrem starken Performances der Täter. Sehr starke Schauspieler in den Nebenrollen, die ihre Charaktere mit hervorragender Tiefe und perfekten Nuancen spielen, dass sie in einigen Fällen besser als der Hauptcast waren. Auch die Opfer überzeugen durch realistisches Schauspiel und machen eine Empathie mit der nötigen Portion Angst sehr einfach.
Woran scheitert Criminal Minds Korea?
Für mich bleibt Criminal Minds Korea leider nur im Mittelfeld der koreanischen Crime-Series, und das hat für mich einen einfachen Grund: die Vorlage!
Und durch den ständigen Vergleich der dadurch entsteht, selbst, wenn man wie ich damals das Original nie gesehen hat, entsteht insgesamt eine zu verkrampfte Stimmung innerhalb der Serie, die ich in einigen Punkten herunterbrechen möchte:
Und durch den ständigen Vergleich der dadurch entsteht, selbst, wenn man wie ich damals das Original nie gesehen hat, entsteht insgesamt eine zu verkrampfte Stimmung innerhalb der Serie, die ich in einigen Punkten herunterbrechen möchte:
- Die Fälle nach Korea bringen: an sich ist nichts Verwerfliches an dieser Tatsache, Problem ist jedoch, dass Korea gerade im Bereich der Zensur eine vollkommen andere Norm hat als die USA. In Korea werden offene Klingen regelmäßig gepixelt, ebenso sind große Blutlachen oder besondere Brutalität an Leichen nicht an der Tagesordnung. Somit geht Criminal Minds Korea einen zwar für koreanische Verhältnisse sehr brutalen Weg, wer aber das Original kennt, dem wird sicher der gewohnte Stil und "Pepp" fehlen.
- Die Charaktere nach Korea bringen: Hier begründet sich meiner Meinung nach der größte Fehler der Serie - die Figuren als solche. Hyun-Joon funktionert als Hauptcharakter nur so gut, weil er ein original koreanischer Charakter ist und damit auch die entsprechende Ausarbeitung spendiert bekommen hat. Die anderen sind einfach der Versuch einer Kopie der originalen Charaktere - und man beachte: Versuch! Interessanterweise wirken die Figuren wie "koreanische Nicht-Koreaner in Korea", wenn ihr versteht was meine. Alle Hauptfiguren haben diesen typisch amerikanischen Schlag, dieses amerikanische Etwas, wie man es aus amerikanischen Crime-Serien kennt, bloß wird dieses Gefühl von Koreanern transportiert. Und leider scheitert dieses Gefühl an der Realität, denn über kulturelle Unterschiede und Regeln kann dies nicht hinweg täuschen. Besonders auffällig ist dies bei NaNa, die das Pendant zu Garcia darstellt: wie das Original ist auch NaNa der Paradisvogel, jedoch mit deutlich angezogener Handbremse. Und da sieht sie dann natürlich im Vergleich wie der billige Abklatsch aus, aber einfach aufgrund der Tatsache, dass man in Korea nicht mit auffälliger Kleidung zur Arbeit geht, sich die Haare bunt färbt, sich in hautenge Kleider presst und einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel hat. So wirken die Figuren schell in ihrem koreanischen Rahmen kitschig oder überzeichnet, was sie dann aus der Handlung beinahe loslöst und damit einen Zugang zu ihnen sehr erschwert.
- Die Interaktionen nach Korea bringen: Die Figuren funktionieren im Original so gut, weil sie eine besondere Art der Interaktion miteinander haben, doch aufgrund der kulturellen Unterschiede in Korea kann diese Interaktion leider nicht ins Original übernommen werden. In Korea ruft man keinen Kollegen mit den Worten "Hey, Baby-Girl!" an - das geht vielleicht in den USA, aber nicht in Asien! In Asien herrschen streng hierarchische Ordnungen, die einen nötigen Grundrespekt voraussetzen, der eine andere Teamdynamik erzeugt, wodurch die sonderbar "amerikanisch wirkenden" Figuren in diesem Zusammenhang einfach scheitern.
- Die Fehler des Originals mit nach Korea bringen: Sind wir ehrlich, das Original ist auch nicht unfehlbar! Mit dem Ende der 15. Staffel habe ich mir damals die originale Serie vorgenommen, und ich muss sagen, dass sie mich zwar unterhalten hat, ich sie aber nie fertig gesehen habe und das vermutlich auch nie tun werde - warum? Sie ist extrem repetitiv, und das über alle 15 Staffeln hinweg. Es gibt dieses schöne Sprichwort "Hast du eine Staffel gesehen, hast du alle Staffeln gesehen" und bei Criminal Minds USA trifft dieses für mich total zu. Sicher, es gibt in jeder Staffel Highlights, aber diese kann man auch an einer Hand abzählen. 80% der Folgen des Originals (also fast alle Nicht-CharacterCentric-Episoden) wiederholen sich laufend im Grundaufbau. So schwankt schon im Original die Qualität erheblich aufgrund der persönlichen Vorlieben, und auch Criminal Minds Korea macht den selben Fehler. Positiv zu gute muss man ihr jedoch halten, dass sie sich für die 20 Folgen Laufzeit wenigstens gute bis sehr gute Geschichten ausgesucht hat, während das Original eher auf Quantität statt Qualität setzt.
- Das Original hat 15 Staffeln: Auch wenn es sicher viele wissen, aber es sollte dennoch gesagt werden - man kann nicht eine Serie mit 15 Staffeln und damit über 300 Folgen mit einer vergleichen, die nur 20 Folgen hat - natürlich fällt da die andere Serie ab! Für die eine Staffel, die Criminal Minds Korea hat, macht es seine Sache gut, aber natürlich fehlt Teambuilding und ähnliches. Aber wo das Original über 300 Folgen Zeit hat, eine kleine Welt aufzubauen, hat diese Serie nur 20 Folgen Zeit - und das sollte man bitte nicht vergessen!
Fazit
Zu sagen, die Serie scheitert, wäre gemein, denn das tut sie im Grunde nicht - sie ist durchaus sehenswert!
Criminal Minds Korea versucht jedoch amerikanischer zu sein, als sie es in seinem koreanischen Rahmen sein kann.
Die Fälle sind spannend, keine Frage, die Ideen sind auch interessant, doch leider wollen Darstellung und Setting einfach nicht zusammenpassen. Dadurch entsteht ein sehr unausgeglichener Eindruck, bei dem man die ganze Zeit das Gefühl hat, irgendetwas passt nicht, aber in Worte kann man es dann nur schlecht packen.
Wer unabhängig vom amerikanischen Original eine Crime-Series für Zwischendurch sucht, kann sich die Serie gerne anschauen. Technisch ist sie auf dem gewohnt starken koreanischen Niveau, dass man aus anderen Serien kennt, auch schauspielerisch kommt man mehr als nur auf seine Kosten. Doch leider versucht die Handlung so krampfhaft wie das Original zu sein, dass sie in der koreanischen Kultur irgendwie fehl am Platz wirkt.
Mein Tipp zum Anschauen: vielleicht einfach ab und zu 2 oder 3 Fälle am Abend, wenn einem langweilig ist anschauen und sich zwischendrin mit anderen Serien beschäftigen, sonst ist die Wahrscheinlichkeit leider da, dass man vorher abbricht - denn für die einzelnen Fälle wäre es wirklich zu schade, wenn sie keine Chance bekämen, stark genug wären alle!
投稿の最終更新日時は 16.10.2021 17:42 です。